Experience-Modelling ist die Berücksichtigung des Erlebnisses des Produkts bereits am Anfang der Produktentwicklung durch Zielsetzung und Berücksichtigung dieser Ziele im Gestaltungs- und Entwicklungsprozesses. Das Nutzungserlebnis unserer Produkte soll nicht einfach passieren, sondern von uns als Produktentwickler im Entwicklungsprozess berücksichtigt werden.
Experience-Targets: Wie soll die Experience sein?
Hat man sich überlegt, welche Ideen man als Produkt umsetzen will und hat vielleicht auch schon erste Personas entwickelt, gilt es zu definieren, welcher Art das Erlebnis des Nutzers sein soll. Dazu nimmt man sich eine Liste an möglichen Faktoren eines Erlebnisses und listet sie auf. Dabei können bereits existierende Listen (siehe Literaturhinweise) verwendet und durch fehlende Faktoren ergänzt werden. Abhängig von der Neuartigkeit des Produkts sind einige Faktoren noch nicht erfasst (z.B. Menschlichkeit bei Alexa oder Siri). Anschließend nutzt man diese Liste um in der Gruppe der Produktgestalter die wichtigsten Beschreibungen heraus zu nehmen. Ich nutze häufig viele große Klebezettel und sammel die möglichen Faktoren. Anschließend lasse ich per Dot-Voting die wichtigsten drei herausarbeiten. Diese nehmen wir nun weiter zu anderen Werkzeugen als Experience-Targets, schließlich streben wir dieses Erlebnis an.
Am Ende sollte man nicht mehr als drei Faktoren für sein Produkt haben. Mehr geht zwar, aber das macht nicht nur Entscheidungen schwieriger sondern profiliert das Produkt nicht gut. Eine Modellierung könnte beispielsweise „Nützlich“, „Schön“ und „Einfach“ sein. Dann beabsichtigt man insbesondere die Gestaltung des Erlebnisses in eben diesen Dimensionen.
Kontinuierliche Experience-Modelling
Nach der initialen Definition (und hoffentlich auch der Akzeptanz innerhalb des Teams) werden die festgelegten Faktoren für die Priorisierung notwendiger Arbeiten verwendet. Benutzt man eine User Story Map, werden die einzelnen Aktivitäten mit Markierungen versehen. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, wenn jeder Faktor mit einer Farbe versehen wird und anschließend jede Story mit dem gleichen Punkt versehen wird, wenn sie nach Meinung der Gruppe einen wichtigen Beitrag zu diesem Faktor beitragen kann bzw. wird. Am Ende erkennt man die Storys, die besonders viele Aspekte beeinflussen und kann sich dieser besonders annehmen.
Sobald mit der Entwicklung des Produkts begonnen wurde, können in einem Product Backlog die User Storys mit den beeinflussten Faktoren versehen werden. Natürlich sind das nur Schätzungen vom Produktteam aber sie helfen dabei erlebnisorientiert die Items des Product Backlogs zu priorisieren. Hat man die Möglichkeit die User Experience des Produkts regelmäßig quantitativ zu erheben, können beim Unterschreiten eines kritischen Werts des jeweiligen Faktors auch gezielt die richtigen Maßnahmen einleiten (siehe auch UX-Controlling).
Im Laufe der (Weiter-)Entwicklung unseres Produkts sollten wir uns nun immer fragen, welchen Einfluss eine Entscheidung auf die Experience unserer Nutzer oder Kunden hat. Dadurch werden Gestaltungsentscheidungen kanalisiert und die gewollt positiven Aspekte verstärkt.
Experience-Modelling bei bestehenden Produkten
Selbst bei bestehenden Produkten kann die Experience definiert werden. Jedoch sollten hier nicht die Produktgestalter auswählen, sondern einmal durch eine Erhebung bei Kunden und Nutzern in Erfahrung gebracht werden. Ausgehend von der bisherigen Experience können Stärken herausgearbeitet werden. Natürlich können hierbei auch Schwächen der Experience zu Tage kommen. Auch hier hilft das Grundprinzip des Experience-Modellings um diese zu verringern.
Literatur
Welche Faktoren des Erlebnisses initial für die Auswahl verwendet werden können, finden sich auf Researchgate. In den unten genannten Quellen liegen auch einige Fragebögen zur Messung der Faktoren bereit.
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