Interne oder externe Beratung für UX?

Veröffentlichungsdatum: 30 Okt, 2018 |
Veröffentlichungsdatum: 30 Okt, 2018
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In der erlebnisorientierten Produktentwicklung gibt es Herausforderungen, die nicht immer durch eigene Kraft gemeistert werden können. Dann braucht es Unterstützung, zum Beispiel durch Beratung. Stellt sich aber die Frage, ob der Berater besser ein Kollege aus einem anderen Team, einer anderen Abteilung oder gar von außerhalb der Organisation sein sollte. Daher möchte ich hier einmal die verschiedene Aspekte beleuchten, die interne und externe Beratung unterscheiden.

Aspekte der Beratung

Nach Sebastian Schuh (1993) können für den Vergleich der internen und externen Beratung acht wichtige Unterscheidungskriterien herangezogen werden.

Die Auftragssituation beschreibt die formal juristische Beziehung zwischen Beratungs- und Klientensystem. Für interne UX-Berater besteht der Konflikt zwischen anderer Arbeit und der Beratungstätigkeit.

Auch beeinflusst die Auftragssituation die Dauer der formalen Beziehung, bei der man entweder von einer projektenbezogenen oder permanenten Durchführung sprechen kann. In der Regel wird die permanente Durchführung nur von Mitgliedern der zu beratenden Organisation durchgeführt. Im Falle der UX-Beratung kann dies auch über eine Community of Practice der UX-Professionals erfolgen. Dann ist der interne UX-Berater jedoch nur „nebenbei“ beratend tätig. Dafür stärkt eine interne Beratung unter Kollegen den Zusammenhalt und fördert den regelmäßigen Austausch (Stichwort: Peer-Coaching).

Die Unabhängigkeit des Beraters spielt bei der Unterscheidung von intern und extern eine große Rolle. Zwar stehen interne Berater grundsätzlich in einem Abhängigkeitsverhältnis, jedoch ist dies bei externen Beratern auch der Fall. Bei externen Beratern ist dies jedoch nicht so dramatisch, da diese es in der Regel gewöhnt sind regelmäßig neue Kunden zu gewinnen und von Organisation zu Organisation zu wechseln. Diese latente Unsicherheit haben interne Berater in der Regel nicht. Somit muss man sich die Frage stellen, ob interne Berater gerade in der Lage sind adäquat zu unterstützen oder ob sie sich in dieser Tätigkeit selber gefährden. Das könnte beispielsweise dann sein, wenn der zurate gezogene Kollege eigentlich eine andere UX-Aufgabe hat, die den Hauptteil seiner Zeit einnimmt. Der interne Berater kann auch eine soziale Abhängigkeit von Kollegen haben, denn es gibt Menschen die sich genötigt fühlen zu unterstützen, auch wenn sie eigentlich keine Zeit dafür haben.

Diese unterschiedliche Beziehung kann auch zu Zielkonflikten führen, da je nach Beratungssituation andere Ziele der UX-Beratung entgegenstehen. Kommen bei der Beziehung zwischen Klient und Berater hierarchische Aspekte erschwerend hinzu, ist die förderliche Wirkung der Beratung fraglich. Vielleicht doch lieber einen externen Berater? Aber dieser könnte sich aufspielen und die internen Kollegen „entmachten“. Keine leichte Situation.

Auch muss die Rollenklarheit des Berates geklärt werden, da ein interner Berater beispielweise auch in anderen Rollen innerhalb der Organisation wahrgenommen werden kann. Externe Berater haben hier in der Regel durch ihre auftragsspezifische Rolle eine ausgeprägtere Klarheit. Außerdem gibt es hier weniger Ressourcenkonflikte, weil dieser seine Zeit für andere Projekte bereit stellen muss. Dem gegenüber stehen größere Aufwände für das Einfühlen in die Organisation.

Die organisationskulturellen Eingebundenheit braucht immer etwas Zeit, damit der Berater versteht was das Klientensystem erlaubt und was nicht. Interne Berater haben bereits ein intuitives Verständnis der Organisationskultur, was jedoch auch zu einer Betriebsblindheit führen kann.

Unter Betrachtung der Wissensaspekte haben die internen Berater aus vorgenannten Gründen ein gutes Wissen über organisationsinterne Vorgänge und weiterer Aspekte. Dafür können Externe bisher in der Organisation nicht vorhandenes oder inaktives Wissen von außen einbringen.

Abschließend sind interne und externe Beratung in der Anschlussfähigkeit zu unterscheiden, bei der es darum geht in wie weit die Interventionen für das Klientensystem akzeptabel sind. Externe Berater können durch Meinungen wie „Das muss gut sein, weil es Geld gekostet hat“ vielleicht vordergründig Verhaltensänderungen in der Organisation einbringen, jedoch ohne Unterstützung von Mitarbeitern wird dies selten tatsächlich gelingen. Diese Problematik kann auch beim internen Berater auftauchen.

Fazit

Bei der Entscheidung, ob eine interne oder eine externe UX-Beratung genutzt werden soll, sind die oben genannten Punkte wichtig und müssen berücksichtigt werden. Natürlich ist jede Situation anders und auch schon finanzielle oder zeitliche Rahmenbedingungen können die Entscheidung stark in eine Richtung bewegen. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass es hilft sich der verschiedenen Aspekte bewusst zu sein.

Je nach Situation kann die Eingebundenheit der internen Beratung in die Strukturen der Organisation sowohl als Vorteil als auch als Nachteil gesehen werden. „Eine bedeutsame Differenz [zur externen Beratung] besteht darin, dass interne Berater in die jeweilige Organisation eingebunden sind – in ihre Struktur, ihre Kultur und ihre Muster“ (Schiersmann und Thiel 2011). Somit können sie auch durch interne Machtstrukturen in ihrer Arbeit sowohl positiv als auch negativ beeinflusst werden. Widerstände durch direkte Führungskräfte (zum Beispiel der Geschäftsführung) können durch politische Interaktionen erheblich sein, während die Geschäftsführung auch als Machtpromotor fungieren kann.

Ausgehend von den Vor- und Nachteilen der internen Beratung ist es grundsätzlich eine Frage der Umsetzung. Die Unterscheidung zwischen der Rolle interner und externer Berater unterscheidet sich nach Schiermann und Thiel (2011) nicht prinzipiell, sondern nur graduell.

Literatur

  • Schuh, Sebastian (1993): Interne Organisationsberatung. In: Wolfgang Schönig und Ewald Johannes Brunner (Hg.): Organisationen beraten. Impulse für Theorie und Praxis. Freiburg im Breisgau: Lambertus, S. 161–230.
  • Schiersmann, C. und Thiel, H. (2011): Organisationsentwicklung – Prinzipien und Strategien von Veränderungsprozessen. Wiesbaden 2011

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